Global Tobacco Industry Interference Index 2025
Globaler Tabaklobby-Index: Schweiz bleibt Schlusslicht Europas
Die Schweiz ist und bleibt ein Paradies für die Tabaklobby: Im neuen globalen Tabaklobby-Index belegt sie erneut den zweitletzten Platz von 100 Ländern – nur ein Land schneidet noch schlechter ab. Der Bericht zeigt, wie stark die Tabakindustrie hierzulande weiterhin Einfluss auf die Politik nimmt.
Der Global Tobacco Industry Interference Index (GTI) misst, wie stark Behörden weltweit von der Tabak- und Nikotinindustrie beeinflusst werden – etwa durch Lobbying, politische Spenden oder Partnerschaften mit Behörden und Parlament. Mit 96 von 100 möglichen Punkten (hohe Punktzahl = starke Einmischung) belegt die Schweiz den 99. Platz von neu 100 untersuchten Ländern. Gegenüber dem letzten Bericht ist sie im Ranking um zehn Plätze zurückgefallen, da der Index 2025 mehr Länder umfasst. Unter den europäischen Staaten, die teilgenommen haben, schneidet die Schweiz sogar am schlechtesten ab.
GGTC
Die Schweiz bleibt das Schlusslicht Europas
Bundesrat Cassis als Redner bei JTI-gesponsertem Forum
Ein aktuelles Beispiel für die fortgesetzte Einflussnahme der Tabakindustrie ist der Lucerne Dialogue, eine Initiative, die Wirtschaftskonferenzen organisiert und Japan Tobacco International (JTI) als «Premium Member» aufführt. Unter den offiziellen Partnern finden sich zahlreiche staatliche Akteure, darunter das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und mehrere Kantone. Besonders brisant: Bundesrat Ignazio Cassis (FDP), Vorsteher des EDA, ist beim «European Economic Forum 2025» als Redner gelistet. Obwohl das neue Tabakproduktegesetz (in Kraft seit Oktober 2024) Sponsoring durch die Tabakindustrie bei Bundesaktivitäten ausdrücklich verbietet, bestehen solche Partnerschaften unter dem Deckmantel «unternehmerischer Verantwortung» (Corporate Social Responsibility, CSR) weiter. Das Beispiel zeigt exemplarisch, wie schwach die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden und wie eng öffentliche Institutionen weiterhin mit der Tabakindustrie verflochten sind.
Philip Morris finanziert Wahlkampagnen von SVP und FDP
Philip Morris International (PMI) spendete im Rahmen der eidgenössischen Wahlen 2023 je 35’000 Franken an die Parteien SVP und FDP gespendet. Damit unterstützt der grösste Tabakkonzern der Welt jene politischen Kräfte, die konsequent gegen strengere Tabakkontrollmassnahmen kämpfen. Diese Zuwendungen zeigen exemplarisch, wie die Tabakindustrie ihre Interessen über Parteispenden und politische Nähe absichert. In kaum einem anderen europäischen Land bleibt solche Einflussnahme rechtlich erlaubt– eine direkte Folge der fehlenden Ratifizierung der WHO-Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle (FCTC).
30 Parlamentarier:innen mit Tabakverbindungen – Einfluss mitten im Gesetzgebungsprozess
Des Weiteren verweist der Bericht auf ein breit verzweigtes Lobby-Netzwerk im Bundeshaus: 30 Mitglieder des eidgenössischen Parlaments haben direkte oder indirekte Verbindungen zur Tabakindustrie – darunter mehrere, die in den zwei zentralen parlamentarischen Kommissionen für Gesundheit und Wirtschaft (SGK und WAK) sitzen.
Diese strukturelle Nähe zwischen Politik und Tabakindustrie schwächt jede wirksame Gesundheits- und Jugendschutzpolitik. Die Tabakindustrie übt weiterhin einen erheblichen Einfluss auf Diskussionen und Gesetzgebungsverfahren im Bereich der öffentlichen Gesundheitspolitik aus. Besonders störend: Einige dieser Parlamentarier:innen haben aktiv an der Abschwächung des Tabakproduktegesetzes mitgewirkt – entgegen dem Volksentscheid zur Initiative «Kinder ohne Tabak».
«Die Tabakindustrie hat sich im politischen System festgesetzt. Ohne klare Grenzen, mehr Transparenz und die Ratifizierung der WHO-Rahmenkonvention wird die Schweiz weiterhin von Konzerninteressen gelenkt – nicht vom Schutz der Bevölkerung.»
Laurence Fehlmann Rielle, Präsidentin Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz, Nationalrätin (SP)
Die Schweiz muss endlich handeln
Die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz fordert daher:
- Sofortige Ratifizierung der WHO-Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle (FCTC).
- Verbot sämtlicher Kooperationen von Behörden und Politiker:innen mit der Tabak- und Nikotinindustrie.
- Verpflichtende Transparenzregeln für politische Mandate, Treffen und Spenden.
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Die Schweiz landet weltweit erneut auf dem zweitletzten Platz