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24.11.2020 |News

Immer mehr Beweise für die negativen Auswirkungen des Rauchens auf Covid-19

Zu Beginn der Covid-19-Epidemie war noch nicht klar, welche Auswirkungen das Rauchen auf die Möglichkeit einer Infektion mit dem Covid-19-Erreger oder auf einen schwereren Krankheitsverlauf bei Rauchern und Raucherinnen hatte. Bereis vorhandenes Wissen deutete diesbezüglich auf negative Auswirkungen des Rauchens hin, hauptsächlich aufgrund der bekannten Folgen für die Atemwege. Rauchen ist die Hauptursache für Atemwegserkrankungen wie der COPD und bildet unter anderem die primäre Ursache für Lungenkrebs.

Es existieren jedoch Hypothesen, die Bedenken an den Auswirkungen des Rauchens aufkommen lassen und die hauptsächlich darauf abzielen, die Auswirkungen des Nikotins von denen des Tabaks zu trennen. Diese Annahmen, die leider in der Presse grossen Anklang gefunden hatten, sollten Zweifel an der Wissenschaft schüren, so wie es die Tabakindustrie seit den 1950er Jahren tut, und dabei deren "neuen" Produkte fördern. Und diese Hypothesen, die sich auf keine gültigen und vollständigen wissenschaftlichen Studien stützen, stammen von Forschenden, deren Reputation seit langem angezweifelt wird und deren Verbindungen zur Tabakindustrie bekannt sind.

Angesichts der Gefahren eines erhöhten Konsums während der Zeit des Lockdowns im Frühling, haben wir im April eine bescheidene Kampagne auf der Webseite Stopsmoking.ch gestartet sowie eine Analyse der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse erstellt.

In der Zwischenzeit nahmen die wissenschaftlichen Beweise für die negativen Auswirkungen des Rauchens auf Covid-19 weiter zu.

Rauchen verdoppelt das Sterblichkeitsrisiko im Zusammenhang mit Covid-19

Eine im Juli veröffentlichte Meta-Analyse untersuchte zehn Studien mit insgesamt 11.189 Patienten und Patientinnen. Sie ergab, dass die Sterblichkeitsrate unter Rauchenden bei 29,4% lag, im Vergleich zu 17% unter Nichtraucher*innen. Und auf der Grundlage der Untersuchung von vier Studien war es nicht möglich, einen deutlichen Unterschied des Sterblichkeitsrisikos zwischen Rauchenden und Ex-Rauchenden festzustellen. (Salah et al. 2020)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Rauchen, gegenwärtig wie auch in der Vergangenheit, mit einer erhöhten Mortalität bei Covid-19-Patient*innen assoziiert ist. Die Sterblichkeit bei aktuell Rauchenden ist um 50% höher als bei Ex-Rauchenden, jedoch ist die Differenz statistisch nicht signifikant.

Die Analyse umfasste jedoch nur Studien, die bis zum 26. Juli 2020 veröffentlicht waren. Es wäre durchaus interessant, die Studien miteinzubeziehen, welche seither veröffentlicht wurden in der Annahme, dass diese die dargelegten Ergebnisse noch verstärken würden.

Direkte Rauchbelastung erhöht die Zahl der mit Covid-19 infizierten Zellen

Eine neue Studie weist auf ein erhöhtes Risiko bei Rauchbelastung für eine schwere Covid-19-Infektion aufgrund einer Abschwächung der Immunantwort hin. Forschende der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA) verwendeten menschliche Stammzellen zur Erschaffung menschenähnlicher Atemwege, die als Luft-Flüssigkeits-Grenzflächenzellkulturen bezeichnet werden. Einige davon waren vier Tage lang täglich drei Minuten lang Zigarettenrauch ausgesetzt, andere nicht. In der Folge wurden alle mit SARS-CoV-2 infiziert, um zu sehen, wie sich das Coronavirus in beiden Systemen verhielt.

Die Forschenden fanden heraus, dass in den Modellen, welche Zigarettenrauch ausgesetzt waren, zwei- bis dreimal so viele infizierte Zellen vorhanden waren. Die Studie zeigte, dass Rauch die Funktionsfähigkeit von Schlüsselmolekülen des Immunsystems, den so genannten Interferonen, verhindert. Interferone sind Botenstoffe, die infizierte Zellen dazu anregen, mehr von den Proteinen zu produzieren, die den eindringenden Erreger angreifen und für die Bekämpfung der Erstinfektion unerlässlich sind. (Purkayastha et al. 2020)

Dr. Brigitte Gomperts, Autorin der Studie, erklärte dies folgendermassen: „Wenn man sich die Atemwege wie hohe Mauern vorstellt, die eine Burg schützen, ist das Rauchen von Zigaretten so, als ob man Löcher in diese Mauern schlagen würde. Rauchen reduziert die natürlichen Abwehrkräfte, so dass das Virus eindringen kann“ (Daily Mail, 18. November 2020)

Welche Massnahmen sollten ergriffen werden?

Wissenschaftlichen Beweise für die negativen Auswirkungen des Rauchens in Bezug auf das Risiko, sich mit Covid-19 zu infizieren sowie für eine schwerwiegendere Entwicklung der Krankheit bei Rauchern und Raucherinnen scheinen sich ständig zu verdichten.

In der Schweiz ist die Prävalenz des Konsums von tabak- und/oder nikotinhaltigen Produkten im Zusammenhang mit Covid-19 unseres Wissens bis heute nicht untersucht worden. In die aktuellen Monitoringdaten der Covid-19-Epidemie scheinen von den Bundesbehörden keine derartigen Daten aufgenommen worden zu sein. Unserer Ansicht nach bildet dies eine grosse Lücke, die so bald wie möglich geschlossen werden muss. Während der ersten Phase der Eindämmung in der Schweiz konnten einige Produkte in den offenen Läden nicht verkauft werden, weil sie nicht als primäre Notwendigkeit angesehen wurden. Wir waren schockiert, als wir feststellten, dass in eben diesen Geschäften für Zigaretten und andere Nikotinprodukte keine Verkaufsbeschränkungen galten.

Wir fordern daher dringliche Massnahmen, um gegen den Konsum von tabak- und/oder nikotinhaltigen Produkten vorzugehen, einschliesslich eines vollständigen Verbots ihres Konsums an öffentlichen Orten, an denen sich andere Personen aufhalten. Es sollte ein Mindestabstand für Rauchende von 10 Metern zu den Türen oder Eingängen jedes Gebäudes oder zu jeder anderen Person vorgeschrieben werden.

Wir fordern auch eine dringende und massive Erhöhung der Tabak- und Nikotinsteuern, um den Tabakkonsum einzudämmen und Massnahmen zur Kompensation der durch Covid-19 verursachten Schäden zu finanzieren, sowie eine Erhöhung des Beitrags für den Tabakpräventionsfonds des Bundes. 

Bibliographie

Purkayastha, Arunima; Sen, Chandani; Garcia, Gustavo; Langerman, Justin; Shia, David W.; Meneses, Luisa K. et al. (2020): Direct exposure to SARS-CoV-2 and cigarette smoke increases infection severity and alters the stem cell-derived airway repair response. In Cell Stem Cell. DOI: 10.1016/j.stem.2020.11.010.

Salah, Husam M.; Sharma, Tanya; Mehta, Jawahar (2020): Smoking Doubles the Mortality Risk in COVID-19: A Meta-Analysis of Recent Reports and Potential Mechanisms. In Cureus 12 (10), e10837. DOI: 10.7759/cureus.10837.

Luciano Ruggia

Geschäftsführer AT Schweiz

 031 599 10 21

luciano.ruggia@at-schweiz.ch

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