Urteil des Bundesgerichts: Snus-Warnhinweise sichtbar machen

Das Bundesgericht hat kürzlich ein wegweisendes Urteil gefällt, das die Kennzeichnung von Tabakwaren betrifft: Warnhinweise auf Snus-Verpackungen gehören auf die am besten sichtbare Seite. Diese Entscheidung des Bundesgerichts bestätigt ein Missstand, auf welchen die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz (AT Schweiz) bereits 2021 hingewiesen hatte: Warnhinweise auf Snus-Verpackungen in der Schweiz werden von den Produzenten oft gesetzeswidrig auf der Rückseite versteckt.

Im April 2022 führte der Service de la consommation et des affaires vétérinaires du canton du Jura eine Inspektion in einem Tabakwarengeschäft in Boncourt durch. Ein Bericht vom Juni 2022 ergab, dass eine Produktprobe, namentlich ein Schnupftabakerzeugnis, nicht den Vorschriften der Verordnung über Tabakerzeugnisse und Raucherwaren mit Tabakersatzstoffen (TabV) entsprach. Der Aufdruck des Produkts auf der am besten sichtbaren Seite der Verpackung enthielt keinen Warnhinweis. Das kantonale Amt forderte im Juni 2022 die entsprechende Firma auf, die Kennzeichnung des Produkts zu ändern. Die Firma legte infolge aber Beschwerde ein, die vom Kantonsgericht des Kantons Jura im August 2023 abgewiesen wurde. Gegen dieses Urteil legte das Unternehmen wiederum beim Bundesgericht Beschwerde ein, welches nun über die Vereinbarkeit der Kennzeichnung des Produkts mit der Tabakverordnung TabV zu entscheiden hatte.

Bundesgericht: Warnhinweis gehört auf Vorderseite

Das Bundesgericht betont in seinem Entscheid, dass der Warnhinweis auf der zum Zeitpunkt des Verkaufs am besten sichtbaren Seite der Verpackung anzubringen ist. Diese Platzierung gewährleistet eine effektive Information der Konsumentenschaft über die mit dem Konsum des Produkts verbundenen Gesundheitsrisiken. Das Bundesgericht bestätigt damit auch endlich, dass viele Warnhinweise auf Snus-Verpackungen in der Schweiz illegal sind, da sie auf der falschen Seite, nämlich der beim Verkauf nicht sichtbaren Rückseite, angebracht sind. Die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz hat bereits 2021 in einem Brief an Bundesrat Alain Berset auf diese Problematik hingewiesen und forderte den sofortigen Rückzug aller dieser Produkte aus dem Verkauf.

Die AT Schweiz kritisierte bereits damals die zögerliche Haltung von Bund und Verwaltung, den Gesetzestext durchzusetzen.

Erläuterungen und Kontextierung

Bei der Auslegung von Art. 15 TabV zieht das Bundesgericht auch Art. 11 & Art. 12 TabV heran. Ersterer besagt, dass die Verpackungseinheit von Tabakerzeugnissen den Warnhinweis «bei der Abgabe an Konsumentinnen und Konsumenten» tragen muss. Nach diesen drei Bestimmungen, die ausdrücklich miteinander verknüpft sind und daher zusammen gelesen werden müssen, muss der Konsument/die Konsumentin also bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs gewarnt werden und nicht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem er im Begriff ist, das Produkt zu konsumieren, wie es die Beschwerdeführerin behauptet. Ein deutlich sichtbarer Hinweis zum Zeitpunkt des Verkaufs entspräche auch dem mit dem Warnhinweis verfolgten Zweck, vor den mit dem Konsum von Tabakprodukten verbundenen Gesundheitsrisiken zu warnen. Sei das Produkt erst einmal gekauft, sei die Entscheidung, es zu konsumieren, praktisch schon gefallen, so dass ein Warnhinweis nicht mehr die gleiche präventive Wirkung habe, so das Bundesgericht.

Ebenfalls beachtet wird der Text des bereits verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft getretenen Tabakproduktegesetzes TabPG. Dieses sieht vor, dass Warnhinweise für Snus und ähnliche Produkte auf der Vorderseite der Verpackung anzubringen sind («der am ehesten ins Auge fallenden Fläche der Verpackung») und mindestens 35% der Fläche ohne Rahmen abdecken müssen. Aus den Beratungen zum Entwurf des TabPG geht eindeutig der Wille des Gesetzgebers zur Kontinuität bei der Platzierung des Warnhinweises hervor. Diese Platzierung muss so erfolgen, dass sie zum Zeitpunkt der Abgabe an die Konsumentin am besten sichtbar ist.

illegal

Ein Schriftwechsel zwischen der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Anhang des Urteils zeigt, dass das BAG die Kantone dazu aufgefordert hat, bei der Überprüfung der Konformität von Tabakprodukten inskünftig genauer hinzuschauen. Der nun vom Bundegericht bestätigte Fall reiht sich beispielhaft in den zögerlichen Umgang der Behörden mit der Tabak- und Nikotinfirmen bei Verstössen ein. Die AT Schweiz fordert, dass bei Verstössen umgehen gehandelt wird. Auch soll endlich auf grosszügige «Übergangsfristen» verzichtet werden, in denen die Gesetzesverstösse weiterhin geduldet werden.

Ein bis 2019 illegales Produkt

Snus, eine Form von Tabak, die gelutscht oder unter die Lippen gelegt wird, ist in der Schweiz erst seit 2019 legal. Davor war der Verkauf von Snus in der Schweiz verboten, obwohl der Eigenkonsum von Snus nie illegal war. In der Europäischen Union ist der Verkauf von Snus mit Ausnahme von Schweden verboten. Das Verbot besteht seit der Verabschiedung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse im Jahr 1992, die 2014 aktualisiert wurde. Seit Snus in der Schweiz auf dem Markt ist, verstossen die Verpackungen gegen geltendes Recht, ohne dass sich jemand darum gekümmert hätte.

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