Volkswirtschaftliche Kosten des Rauchens


Im Jahr 2017 beliefen sich die die direkten tabakbedingten Kosten im Gesundheitswesen auf über 3 Milliarden Franken.

Die indirekten Kosten, die durch Produktivitätsverluste entstehen und somit von der Wirtschaft getragen werden, werden für das gleiche Jahr auf 3,1 Milliarden Franken geschätzt.

Insgesamt machen die direkten und indirekten Kosten des Rauchens mehr als die Hälfte der gesamten suchtbedingten volkswirtschaftlichen Kosten in der Schweiz aus.


Neben den hohen menschlichen Kosten (die auf unserer Seite Tabakbedingte Mortalität und Morbidität beschrieben werden) verursacht der Tabakkonsum auch erhebliche wirtschaftliche und soziale Kosten für die Gesellschaft. Auf wirtschaftlicher Ebene ist es üblich, diese Auswirkungen zu quantifizieren, indem einerseits die direkten Kosten für das Gesundheitssystem im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung von Patienten mit tabakbedingten Krankheiten und andererseits die indirekten Kosten für die Wirtschaft im Zusammenhang mit dem Produktivitätsverlust durch kurz- oder langfristige Krankheitsausfällen, dem Verlust der Arbeitsfähigkeit und Todesfällen geschätzt werden.

Schätzungen für das Jahr 2017

Eine vom Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegebene Studie hat verschiedene Schätzungen der wirtschaftlichen Kosten im Zusammenhang mit Suchtmitteln vorgelegt (Fischer et al., 2020[1]). Sie beziffert die gesamten tabakbedingten Gesundheitskosten, die als sogenannte direkte Kosten gelten, für das Jahr 2017 auf über 3 Milliarden Franken (Abbildung). Schätzungen der indirekten Kosten, welche die Wirtschaft aufgrund von Produktivitätsverlusten zu tragen hat, werden ebenfalls vorgelegt. Dabei werden verschiedene Annahmen über die Auswirkungen von Krankheit (Morbidität) oder Tod (Mortalität) auf die Produktivität getroffen. Die auf der Grundlage des Konzepts der Humankapitalkosten (HK[2]) erstellten Schätzungen deuten darauf hin, dass die Wirtschaft im Jahr 2017 zusätzliche Kosten in Höhe von 3,1 Milliarden Franken zu tragen hatte. Berechnungen, die davon ausgehen, dass eine kranke oder verstorbene Person nach einer gewissen Zeit durch eine neue (z. B. bis dahin arbeitslose) Arbeitskraft ersetzt werden kann, und die lediglich die Produktivitätsverluste während dieser sogenannten Friktionszeiten berücksichtigen (daher die Bezeichnung Friktionskosten, FK, oder Friktionskostenansatz, FKA), ergeben wesentlich tiefere Zahlen: Die tabakbedingten Kosten werden auf 833 Millionen Franken geschätzt. Werden die direkten und indirekten Kosten addiert, belaufen sich die geschätzten jährlichen Kosten des Tabakkonsums in der Schweiz nach der Humankapitalmethode auf über 6.16 Milliarden Franken und nach dem Friktionskostenansatz auf knapp 3.877 Milliarden Franken.

Abbildung: Tabakbedingte volkswirtschaftliche Kosten in der Schweiz im Jahr 2017, in Millionen Franken; *HK/FK: Schätzungen der indirekten Kosten nach der Humankapitalmethode, HK, und der Friktionskosten, FK (Quelle Fischer et al., 2020[3]).

Anteil des Rauchens an den gesellschaftlichen Kosten von Suchtkrankheiten

Werden die tabakbedingten Kosten mit den Kosten für Alkohol und illegale Drogen gemeinsam betrachtet, beträgt der Anteil der direkten und indirekten tabakbedingten Kosten rund 54 %[4] der gesamten suchtbedingten Kosten nach der Humankapitalmethode und 51 %[5] der gesamten suchtbedingten Kosten nach dem Friktionskostenansatz aus (49 %, wenn auch die Schätzungen der Kosten für Glücks- und Geldspiele berücksichtigt werden[6]).

Frühere Schätzungen der wirtschaftlichen und sozialen Kosten

Eine frühere Studie (Mattli et al., 2019[7]), die nur die direkten medizinischen Kosten und die indirekten Produktivitätskosten berücksichtigt, schätzte für das Jahr 2015 die jährlichen medizinischen Kosten auf 3 Milliarden Franken (363 Franken pro Einwohner/Gesamtbevölkerung) und die Produktionsverluste auf 2 Milliarden Franken (242 Franken pro Einwohner/Gesamtbevölkerung). Die in dieser Studie präsentierten medizinischen Kosten von 3 Milliarden Franken entsprachen damit 3,9 % der gesamten Gesundheitsausgaben in der Schweiz für das Jahr 2015.

Die ersten Schätzungen der tabakbedingten Kosten des Rauchens in der Schweiz stammen aus den späten 1990er Jahren (Vitale et al., 1998[8]). Sie basierten auf Methoden, die sich deutlich von den oben genannten unterscheiden, und ergaben direkte Kosten von 1,2 Milliarden Franken, indirekte Kosten von 3,8 Milliarden Franken und menschliche Kosten von rund 5 Milliarden Franken. Die letztgenannten Kosten, die menschlichen Kosten, sind sogenannte intangible (oder nicht-monetäre) Kosten (sie werden aus dem geschätzten Wert der verminderten Lebensqualität bei Krankheit, den Folgen eines Todesfalls usw. abgeleitet) und werden bei tabakbedingten Kostenschätzungen in der Regel nicht mehr berücksichtigt. Deshalb spricht man nicht mehr von sozialen Kostenschätzungen, sondern von wirtschaftlichen Kosten.

Schätzungen zu den Kosten des Passivrauchens wurden Ende der 2000er Jahre erstellt (Hauri et al, 2009[9]). Demnach beliefen sich die direkten und indirekten Kosten des Passivrauchens im Jahr 2006 auf insgesamt 252 Millionen Franken.

Weltweite wirtschaftliche Kosten des Rauchens

Schätzungen der «globalen» wirtschaftlichen Kosten wurden ebenfalls abgeleitet, indem die gesamten wirtschaftlichen Kosten tabakbedingter Krankheiten in 152 Ländern, die 97 % der Rauchenden weltweit repräsentieren, bewertet wurden (Goodchild et al., 2018[10]). Die Studie ergab, dass sich die weltweiten Gesundheitskosten (direkte Kosten) des Rauchens im Jahr 2012 auf 422 Milliarden US-Dollar beliefen, was 5,7 % der weltweiten Gesundheitsausgaben entsprach, wobei die direkten Kosten in Ländern mit hohem Einkommen proportional höher ausfielen. Die indirekten Kosten betrugen diesen Schätzungen zufolge 357 Milliarden US-Dollar für die Morbidität und 657 Milliarden US-Dollar für die Mortalität. Insgesamt beliefen sich die geschätzten wirtschaftlichen Gesamtkosten des Rauchens für das Jahr 2012 auf 1,4 Billionen US-Dollar, was 1,8 % des jährlichen weltweiten BIP dieses Jahres entspricht. In der Schweiz liegen die oben dargestellten Schätzungen der Gesamtkosten (direkt und indirekt) für das Jahr 2017 zwischen 0,6 %[11] (Friktionskosten-Berechnungsmethode) und 0,9 %[12] (Humankapital-Berechnungsmethode) des BIP. Diese Diskrepanz zu den weltweiten Schätzungen erscheint angesichts des sehr hohen BIP pro Kopf der Schweiz wenig überraschend.

Relevanz/ Bedeutung des Monitorings der wirtschaftlichen Kosten des Rauchens

Bisher gibt es in der Schweiz kein systematisches Monitoring der wirtschaftlichen Kosten des Rauchens. Dies führt zu Problemen bei der Vergleichbarkeit der verschiedenen Schätzungen, die in den letzten Jahrzehnten vorgelegt wurden. Um die Tabakprävention auf nationaler Ebene zu steuern, scheint es jedoch unerlässlich, die Kostenverfolgung zu einem Schlüsselelement des Monitoringsystems zu machen. Dazu ist der Einsatz einer validierten und reproduzierbare Methodik erforderlich. Im Idealfall sollte die zu diesem Zweck festgelegte standardisierte Methodik eine Kostenmodellierung für die kommenden Jahrzehnte ermöglichen, und zwar auch auf der Grundlage verschiedener Annahmen oder Regulierungsmodelle. Auf der Ebene der direkten Gesundheitskosten sollten diese Modellschätzungen und Prognosen idealerweise auch nach Krankheitsarten (Kosten im Zusammenhang mit Lungenkrebs, anderen Krebsarten, ischämischen Herzerkrankungen usw.) verfügbar sein. Darüber hinaus sollten die verwendeten Methodiken ohne grosse Verzögerung aktualisiert werden können, um die Schätzungen und Prognosen an die Marktentwicklung (Einführung neuer Produkte), die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen und Schädlichkeit dieser neuen Produkte und den klinischen Fortschritt (einschliesslich der Auswirkungen auf die Behandlungskosten und Produktivitätsverluste) anzupassen. Eine Annäherung an einige der Instrumente und Prinzipien, welche die WHO in ihrem «Economics of tobacco toolkit: assessment of the economic costs of smoking» (Toolkit zur Bewertung der wirtschaftlichen Kosten des Rauchens) (World Health Organization, 2011[13]) herausgegeben hat, wäre ebenfalls wünschenswert.

Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass andere indirekte oder externe Kosten im Zusammenhang mit dem Rauchen in den vorgeschlagenen Schätzungen in der Regel nicht berücksichtigt werden und in Zukunft mehr Beachtung finden sollten. Wir denken dabei insbesondere an die Kosten für die Sammlung und Behandlung von Abfällen (z. B. von Zigarettenkippen, die eine Form von giftigem Plastik darstellen, aber auch von Batterien in Puff Bars und anderen Einweg-E-Zigaretten oder elektronischen Nikotinabgabesystemen) sowie an die Umweltauswirkungen der Produktion von Tabakprodukten und die Verschmutzung, die durch ihre Verbreitung im öffentlichen Raum oder in der Natur verursacht wird. Der gesamte Produktionszyklus der Milliarden von Zigaretten, die jedes Jahr in der Schweiz konsumiert werden – während Tabak häufig anderswo angebaut, verarbeitet und hergestellt wird – ist somit mit erheblichen externalisierten Kosten verbunden, die in einer umfassenden Kostenbilanz berücksichtigt werden sollten.

Zur interaktiven Infografik


[1] Fischer, Barbara; Mäder, Béatrice; Telser, Harry (2020): Volkswirtschaftliche Kosten von Sucht. Download.

[2] Methode, die die gesamte durch Krankheit oder Tod verlorene Arbeitszeit berücksichtigt und auf der Annahme beruht, dass eine Person, die stirbt oder aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig ist, aufgrund von Vollbeschäftigung nicht ersetzt werden kann.

[3] Tableau 1 p. 19 et Tabelle 37 p. 105; Fischer, Barbara; Mäder, Béatrice; Telser, Harry (2020): Volkswirtschaftliche Kosten von Sucht. Download.

[4] Tabelle 38, page 106 ; Fischer, Barbara; Mäder, Béatrice; Telser, Harry (2020): Volkswirtschaftliche Kosten von Sucht. Download.

[5] Tableau 2, page 19 ; Fischer, Barbara; Mäder, Béatrice; Telser, Harry (2020): Volkswirtschaftliche Kosten von Sucht. Download.

[6] Tableau 1, p. 19 ; Fischer, Barbara; Mäder, Béatrice; Telser, Harry (2020): Volkswirtschaftliche Kosten von Sucht. Download.

[7] Mattli, Renato; Farcher, Renato; Dettling, Marcel; Syleouni, Maria-Eleni; Wieser, Simon (2019): Die Krankheitslast des Tabakkonsums in der Schweiz: Schätzung für 2015 und Prognose bis 2050. Download.

[8] Vitale, Sarino; Priez, France; Jeanrenaud, Claude (1998): Le coût social de la consommation de tabac en Suisse. Download.

[9] Hauri, D.; Lieb, C.; Kooijman, C.; Wenk, S.; van Nieuwkoop, R.; Sommer, H.; Röösli, M. (2009): Gesundheitskosten des Passivrauchens in der Schweiz. Download.

[10] Goodchild, M.; Nargis, N.; Tursan d'Espaignet, E. (2018): Global economic cost of smoking-attributable diseases. Tob Control. 2018 Jan;27(1):58-64. Download.

[11] Table 2, page 19; Fischer, Barbara; Mäder, Béatrice; Telser, Harry (2020): Volkswirtschaftliche Kosten von Sucht. Download.

[12] Tabelle 38, page 106; Fischer, Barbara; Mäder, Béatrice; Telser, Harry (2020): Volkswirtschaftliche Kosten von Sucht. Download.

[13] World Health Organization (2011): Economics of tobacco toolkit: assessment of the economic costs of smoking. Download.

AT Schweiz, Juni 2023